Die Wiener Kaffeehauskultur ist ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Identität und wurde 2011 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Diese Tradition reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück und hat seither eine bedeutende Rolle in der sozialen und kulturellen Entwicklung Wiens gespielt.
Die Geschichte des Wiener Kaffeehauses
Der Legende nach begann die Geschichte des Wiener Kaffeehauses nach der zweiten türkischen Belagerung im Jahr 1683. Ein gewisser Georg Franz Kolschitzky erhielt als Belohnung für seine Kundschafterdienste während der Belagerung Säcke mit Kaffeebohnen und eröffnete damit das erste Kaffeehaus in Wien.
Ob diese Geschichte der Wahrheit entspricht, ist umstritten, doch fest steht, dass sich die Kaffeehäuser im 18. und 19. Jahrhundert rasch ausbreiteten und zu einem zentralen Treffpunkt für Künstler, Literaten, Politiker und Intellektuelle wurden. Persönlichkeiten wie Arthur Schnitzler, Stefan Zweig, Sigmund Freud und Gustav Klimt waren regelmäßige Gäste.
Was macht ein echtes Wiener Kaffeehaus aus?
Ein traditionelles Wiener Kaffeehaus zeichnet sich durch mehrere charakteristische Merkmale aus:
- Marmortische und Thonetsesseln aus gebogenem Holz
- Zeitungen, die auf Zeitungshaltern präsentiert werden
- Ein Glas Wasser, das automatisch mit jeder Kaffeebestellung serviert wird
- Eine Auswahl an Mehlspeisen und Kuchen
- Kellner in traditioneller Kleidung, die "Herr Ober" genannt werden
- Die ungeschriebene Regel, dass man so lange sitzen bleiben darf, wie man möchte
Die Kaffeevielfalt
Die Wiener Kaffeespezialitäten sind vielfältig und haben ihre eigene Nomenklatur:
- Kleiner Schwarzer/Großer Schwarzer: Espresso in kleiner oder großer Variante
- Melange: Halb Kaffee, halb heiße Milch mit Milchschaum
- Einspänner: Doppelter Mokka mit Schlagobers (Schlagsahne) im Glas
- Fiaker: Doppelter Mokka mit einem Schuss Rum
- Kapuziner: Schwarzer Kaffee mit einem Schuss Sahne
- Verlängerter: Ein gestreckter Espresso mit heißem Wasser
Berühmte Wiener Kaffeehäuser
Zu den legendärsten Kaffeehäusern Wiens zählen:
- Café Central: Ehemaliger Treffpunkt von Freud, Trotsky und vielen anderen Intellektuellen
- Café Sacher: Berühmt für die Original Sacher-Torte
- Café Hawelka: Ein Künstlertreffpunkt seit 1939
- Café Landtmann: Stammcafé von Sigmund Freud
- Café Sperl: Mit originalem Interieur aus dem 19. Jahrhundert
Das Kaffeehaus heute
Trotz des Aufkommens internationaler Kaffeeketten hat die traditionelle Kaffeehauskultur in Wien überlebt. Viele historische Etablissements wurden liebevoll restauriert und erfreuen sich großer Beliebtheit bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen.
Die Wiener Kaffeehäuser sind nach wie vor Orte der Begegnung und des Gedankenaustauschs, wo man in Ruhe Zeitung lesen, arbeiten, diskutieren oder einfach nur die Zeit verstreichen lassen kann. Sie sind ein lebendiges Zeugnis der österreichischen Kultur und ein unverzichtbarer Teil jedes Wien-Besuchs.
Tipp für Ihren Besuch
Bei Ihrem nächsten Wien-Aufenthalt sollten Sie unbedingt ein traditionelles Kaffeehaus besuchen und die einzigartige Atmosphäre genießen. Bestellen Sie eine Melange und eine Sachertorte und nehmen Sie sich Zeit - denn im Wiener Kaffeehaus ticken die Uhren anders. Wie ein berühmtes Zitat besagt: "Im Kaffeehaus sitzen Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen."